Antje Schrupp im Netz

Newsletter vom 19.5.06

1. Debatten über Emanzipation und Feminismus

Der letzte Monat hat uns wieder ein paar traurige Diskussionsbeiträge zum Thema Frauenbewegung beschert. Unter der Überschrift »Die Emanzipation – ein Irrtum« hat ARD-Anchorfrau Eva Herrmann in einem viel beachteten Zeitschriftenbeitrag nicht nur den Weg der Gleichstellung grundsätzlich in Frage gestellt, sondern auch den Feminismus scharf angegriffen. Nach Susannes Gaschke mit ihrem Buch »Die Emanzipationsfalle« ist dies nun schon die Frau aus der ersten Riege der deutschen Medienindustrie, die sich mit einer grundsätzlichen, antifeministisch gewendeten Emanzipationskritik zu Wort meldet. Zwar sieht der Mainstream noch anders aus – postwendend kamen ja von allen Seiten die üblichen Bekenntnisse zur Gleichstellung – aber noch vor fünf Jahren wäre so etwas, glaube ich nicht möglich gewesen.

In diesen Debatten sehe ich eine große Herausforderung. Und zwar deshalb, weil dabei Feminismus und Emanzipation einfach gleichgesetzt werden. Dabei hat doch immer nur ein (kleiner) Teil der Frauenbewegung das Heil in der Gleichstellung mit den Männern gesucht. Ob Matriarchatsforscherinnen, Differenzphilosophinnen oder auch die Kinderladenbewegung der 1970er Jahre – die größten Kritikerinnen des Emanzipationismus waren von Anfang an Feministinnen. Würden die Damen und Herren des Mainstream-Journalismus diese Diskussionen endlich einmal zur Kenntnis nehmen, könnten sich aus der gegenwärtigen Krise der Gleichstellungspolitik (die ja in der Tat offensichtlich ist) andere Wege eröffnen, als ein phantasieloses »zurück zum Schöpfungsauftrag der Frau«. In einer rückwärtsgewandten Sehnsucht nach den vermeintlich rosigen Zeiten des Patriarchats ist nämlich weder die Freiheit der Frauen zu finden, noch eine gute Zukunft für unsere Gesellschaft allgemein.

Zu dem Thema gibt es zwei neue Texte auf meiner Homepage. Ein Interview mit der Zeitschrift Schlangenbrut unter dem Titel: »Gerade wenn Frauen emanzipiert und frei sind, brauchen wir den Feminismus« – ihr findet es unter antjeschrupp.de/interview-schlangenbrut, sowie mein Vortrag Ende April beim Frauenkirchentag in Essen unter antjeschrupp.de/frau-was-begehrst-du. Meine Rezension von Gaschkes Buch ist archiviert unter antjeschrupp.de/rez-gaschke-emanzipationsfalle.

2. Viele »große Frauen« im Labyrinth

Bei strahlendem Sonnenschein und in wunderbarer Atmosphäre fand Anfang Mai der große Labyrinthgang zur »Halbzeit« des Frauen-Gedenk-Labyrinthes statt, das derzeit in Wiesbaden ausliegt. Knapp 500 Steine zum Andenken an wichtige Frauen sind inzwischen graviert, rund 250 Gedenksteinpatinnen oder ihre Ersatzfrauen waren aus diesem Anlass nach Wiesbaden gekommen. Ein tolles Fest, vor allem auch deshalb, weil die allermeisten verkleidet waren! Und natürlich viel von »ihrer« Frau erzählt haben. Ich sehe in dem Labyrinth-Projekt ein großartiges Beispiel dafür, wie eine andere Geschichtsschreibung möglich ist, die sich nicht in langweiligen Zahlen und Fakten niederschlägt und auch nicht in von irgendwoher festgelegten Interpretationen davon, wer und was aus der Fülle der Vergangenheit als objektiv bedeutsam zu gelten hat. Meine Thesen dazu, die wir im April im Evangelischen Frauenbegegnungszentrum in Frankfurt diskutierten, stehen jetzt zum Nachlesen im Internet.

Den Vortrag zum Thema »Brauchen wir große Frauen?« findet Ihr unter antjeschrupp.de/grosse-frauen. Ein Bericht über den Labyrinthkongress aus dem Wiesbadener Kurier unter http://www.wiesbadener-kurier.de/region/objekt.php3?artikel_id=2375091. Das Labyrinth könnt Ihr (im Park am Staatstheater in Wiesbaden) noch bis zum 29. Mai besuchen. Weitere Infos, auch zum Rahmenprogramm, unter www.frauen-gedenk-labyrinth.de.

3. Maria Magdalena: Jüngerin, nicht Geliebte

Der soeben gestartete Film »Sakrileg« stellt die These auf, dass Maria Magdalena die Geliebte von Jesus gewesen wäre und dass die beiden ein Kind gehabt hätten. Der Vatikan sieht darin einen Skandal, aber warum wäre das eigentlich so schockierend? Dan Brown, der Autor des Buches, das dem Film zugrunde liegt, spielt sich (ebenso wie die jetzt ebenfalls auf den Plan gerufenen Vatikan-Kritiker von Stern bis Spiegel) nun als großer Feminist auf, der ganz heroisch die ach so frauenfeindlichen Machenschaften der katholischen Kirche aufdeckt. Schade eigentlich, dass er sich unter einer bedeutenden Frau nur eine vorstellen kann, die mit irgendwelchen wichtigen Männern ins Bett geht …

Ich habe dazu einen kleinen Kommentar geschrieben, das Ihr neu auf meinen Seiten findet: antjeschrupp.de/sakrileg.

4. Was sind feministische Utopien?

Das Thema Utopien beschäftigt mich schon länger, und deshalb freue ich mich über die Gelegenheit, das Thema beim Landeskirchentag der Evangelischen Kirche in Kurhessen-Waldeck weiter zu diskutieren. Er findet unter dem Motto »Wes Geistes Kind ich bin« im Juni in Gelnhausen statt. Eingeladen hat zu der Diskussion Kirsten Beuth vom Frauenstudien- und –bildungszentrum, mit dabei sind auch Eli Wolf (Pfarrerin), eine Frau von der Grünen Jugend Hessen sowie eine Künstlerin.

Was sind feministische Utopien? Podiumsdiskussion am Samstag, 3. Juni, um 14.30 Uhr im Frauenstudien- und -bildungszentrum der EKD in Gelnhausen, Herzbachweg 2. Ein Thesenpapier zum Thema Utopien von einer früheren Podiumsdiskussion steht bereits unter antjeschrupp.de/utopie im Internet. Einen Beitrag über Frauen und Science Fiction gibt es unter antjeschrupp.de/blicke-in-parallele-welten. Das Programm vom 3. Juni findet Ihr unter www.ekd.de/fsbz/

5. Sex und Konsum in Nordkamerun

Zum Schluss noch ein kleiner Hinweis für alle, die sich für die Verflechtung von Liebesbeziehungen und materiellem Austausch in einer islamischen Kultur in Afrika interessieren – auch wenn’s ein etwas abseitiges Thema ist ☺

antjeschrupp.de/rez-kapfer-maroua