Antje Schrupp im Netz

Weg mit den Buzzwords und Bibelzitaten

In: Kirche in Bewegung. Zeitschrift der Altkatholischen in Österreich, 1/2021

Das Vertrauen in die Kirchen ist nicht besonders hoch. Nur 36 Prozent der Befragten einer Forsa-Umfrage vom vorigen Sommer vertrauen der evangelischen und sogar nur 16 Prozent der katholischen Kirche. Bei Ärzten und Polizei sind es weit über 80 Prozent, gefolgt von Universitäten, Gerichten, Arbeitgebern.

Ich glaube nicht, dass das nur am desaströsen Verhalten der katholischen Kirche bei der Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt liegt. Menschen neigen einfach dazu, Institutionen zu vertrauen, auf die sie existenziell angewiesen sind. Ein Leben ohne Ärzte, ohne Polizei, ohne Gerichte und Universitäten ist schlecht vorstellbar, also vertraut man ihnen. Die Kirche hingegen? Sie würde vielen nicht fehlen. Und was man für verzichtbar hält, das nimmt man eben kritischer unter die Lupe.

Können die Kirchen etwas tun, um wieder Vertrauen zu gewinnen? Eines jedenfalls nicht: Werbung schalten. Werbeagenturen stehen nämlich noch viel weiter unten auf der Skala; ihnen vertrauen gerade mal 4 Prozent. Werbung macht die Leute aus Prinzip misstrauisch. Wer hat das nicht schon erlebt, man kauft irgendwelches Zeug, weil es in der Werbung angepriesen wurde, aber eigentlich braucht man es gar nicht? Werbung will uns verführen, letztlich reinlegen. Das ist in einer Marktwirtschaft auch okay, aber weckt eben kein Vertrauen.

Keine Werbung zu schalten, bedeutet freilich nicht, auf professionelle Kommunikation zu verzichten. Ganz im Gegenteil. Hier gibt es bei den Kirchen noch sehr viel Luft nach oben, dazu genügt ein Blick auf die Webseiten vieler Gemeinden. Tatsächlich müssten viel mehr Ressourcen eingesetzt werden, um die christliche Kommunikation auf die Höhe der Zeit zu bringen.

Allerdings: Dabei sollte es um die Verkündigung des Evangeliums gehen. Und das ist etwas fundamental anderes als Werbung. Verkündigung ist die Verbreitung der guten Nachricht, dass die Welt in der Nachfolge von Jesus Christus erlöst ist. Das ist eine christliche Kernaufgabe, seit Jesu Missionsbefehl.

Aber gerade an diesem Punkt sind viele kirchliche Äußerungen schlicht unverständlich. Das fängt schon damit an, dass lauter Wörter benutzt werden, die im normalen Leben längst nicht mehr in Gebrauch sind: Seele, Segen, Beten? Was diese Begriffe bedeuten, davon haben die meisten Menschen nur eine vage Vorstellung. Das führt zu der unschönen Situation, dass kirchliche Kommunikationskampagnen oft wie Schulbücher daherkommen – bevor es losgehen kann, müssen erstmal Vokabeln gelernt werden.

Es gibt massenhaft Broschüren und Webseiten, die erklären, was Segen, Seele, Beten, oder Karfreitag, Pfingsten Auferstehung und so weiter sein soll. Allerdings klickt die kaum jemand an. Wer verspürt denn schon ein dringendes Bedürfnis, das zu wissen? Schon vor 20, 30 oder sogar 40 Jahren im Religionsunterricht hatte man das ja nicht richtig verstanden und war sich deshalb immer ein bisschen dumm vorgekommen.

Verkündigung kann nicht gelingen, wenn wir vom Publikum verlangen, erstmal einen Grundkurs Bibelkunde zu absolvieren, bevor unsere Aussagen verständlich werden. Verkündigung bedeutet, die christliche Weltanschauung anhand von Themen zu vertreten, die die Menschen tatsächlich interessieren: Sterbehilfe, Klimakatastrophe, Geschlechterverhältnisse, Erziehungsfragen, veganes Essen und tausend andere Dinge böten sich an.

Haben wir Christ:innen zu den Fragen unserer Zeit etwas Hilfreiches, Originelles zu sagen? Etwas, das den Menschen weiterhilft oder sie immerhin zum Nachdenken bringt? Das eine Perspektive beiträgt, die ohne das Christentum fehlen würde? Die meinetwegen auch Widerspruch auslöst? Ja? Sind wir uns ganz sicher, dass das, was wir sagen wollen, tatsächlich interessant ist?

Dann nur zu! Die Plattformen und Gelegenheiten sind da, ob auf Facebook oder im Büro. Wir müssen nur hingehen und mitreden. Wenn wir Gehör finden wollen, können wir dabei natürlich nicht mit theologischen Floskeln und Bibelzitaten kommen. Damit ernten wir bloß Gähnen und Schulterzucken. Sondern wir müssen es so machen, wie es den Kindern im Deutschunterricht beigebracht wird: Sag es mit deinen eigenen Worten!